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Was ist eine Erklärung zur Barrierefreiheit?

Welche Richtlinien gelten? Was beinhaltet die Erklärung zur Barrierefreiheit? Was braucht man dafür? Wo muss die Erklärung zu finden sein? Wieviel kostet ein Barrierefrei-Test? Die wichtigsten Fragen.

Websites, die im Einklang mit geltenden Antidiskriminierungsgesetzen und Barrierefrei-Richtlinien barrierefrei zugänglich zu machen sind, benötigen eine Erklärung zur Barrierefreiheit. Richtlinien sind: 

  • Das Wiener Antidiskriminierungsgesetz (Landesgesetzblatt 35/2004)
  • Die EU-Richtlinie 2016/2102 des Europäischen Parlamets und des Rats vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen 

Was beinhaltet die Erklärung zur Barrierefreiheit?

In der Erklärung werden nicht nur geltende Richtlinien und Anforderungen an die Website spezifiziert, sondern es wird vor allen Dingen ganz konkret verlangt, nicht barrierefreie Inhalte zu benennen und zu begründen, warum diese Inhalte nicht richtlinienkonform umzusetzen waren. 

Die Erklärung beinhaltet in der Regel:

  • Allemeine Richtlinien (Antidiskriminierungsgesetz, EU-Richtlinie), die für die Website anzuwenden sind
  • Stand der Vereinbarkeit und Konformitätsstufe: Hier wird die geltende Fassung der Richtlinie für barrierefreie Webinhalte spezifiziert sowie die Konformitätsstufe, also der Grad der Barrierefreiheit, den die Website ganz oder teilweise erfüllen muss, z.B. WCAG 2.1 AA. Meist wird an dieser Stelle auch noch Bezug auf die geltende harmonisierte Europäische Norm EN 301 549 genommen. 
  • Nicht barrierefreie Inhalte: Der "heikle" Punkt. Hier beginnt die Sache interessant zu werden, denn in diesem Teil muss detailliert aufgelistet werden, welche Inhalte des Webangebots nicht der erforderlichen Konformitätsstufe (z.B. WAI AA) entsprechen. 
  • Ausnahmen, Fremdinhalte, unverhältnismäßige Belastung: Hier werden Begründungen angegeben, warum beispielsweise eine Suchfunktion oder ein Buchungssystem (noch) nicht den Richtlinien entspricht. Idealerweise mit einem Zeitrahmen zur geplanten Behebung. 
  • Erstellung der Erklärung: Hier wird die Grundlage für die oben genannte Aussage zur Konformität und die nicht barrierefreien Inhalte angegeben: Die Angabe einer erstellten Accessibility-Evaluierung, nach welchem Muster (z.B. nach einem BITV/WCAG-Selbsttest), an welchem Datum diese durchgeführt wurde und wann die Erklärung erstellt wurde. Außerdem: Wann wurde die Erklärung zuletzt überprüft? 
  • Feedback, Kontaktangaben, Beschwerdemöglichkeiten: Verantwortliche für die Seite müssen genannt und eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme gegeben werden. Die zu erwartende Reaktion auf die Beschwerde (übliche Reaktionszeit, Verständigung, Bemühung zur Behebung)
  • Durchsetzungsverfahren: Angabe von Stellen, an die sich der Benutzer wenden kann, wenn die Antwort des Website-Betreibers nicht zufriedenstellend war, z.B. die Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen der Stadt Wien.

Was braucht man dafür?

In dem Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1523 der Europäischen Kommission zur Festlegung einer Mustererklärung ist sowohl Format und Inhalt spezifiziert als auch (im Anhang des Beschlusses) ein Musterdokument vorhanden, das als Vorlage verwendet werden sollte.

Die wesentliche Grundlage bildet eine Barrierefrei-Evaluierung der Website. Diese Evaluierung kann nicht automatisiert erstellt werden. Dafür sind entsprechende Fachkenntnisse, profunde Expertise der WCAG-Richtlinien sowie die Anwendung eines Testverfahrens erforderlich. Bei jedem Verfahren sind unterschiedliche Tests anzuwenden, Quelltexte zu untersuchen, Farbkontraste zu bestimmen, verschiedene Einschätzungen zu (z.B.) Tastaturzugänglichkeit, Mobil-, Tablettauglichkeit und Stabilität zu treffen. Die Ergebnisse von verschiedenen (zusätzlichen) automatisierten Testläufen fließen ebenfalls in das Ergebnis ein. Wir erstellen Prüfprotokolle meist auf Basis unterschiedlichster Tools und vorher definierter Prüfverfahren. Entscheidend für eine belastbare Aussage zum Zustand der vorliegenden Website ist auch die Auswahl des Testsamples (wie viele Seiten geprüft werden) und ggf. zusätzlich ausgewählte Inhalte. Ein durchaus übliches Testsample von einigen wenigen Seiten reicht in der Regel nicht aus. Für die Barrierefreiheitserklärung müssen Sie alle Inhalte kennen, die nicht barrierefrei zugänglich sind oder die z.B. als Ausnahme nicht in den Anwendungsbereich fallen. Genau genommen reicht daher nicht einmal ein offizielles WCAG-Prüfzertifikat, denn dieses bezieht sich immer nur auf die (in der Regel wenigen) geprüften Seiten.

Das Ergebnis ist ein Prüfbericht mit allen Prüfpunkten nach WCAG 2.1. Wenn wir mit der Evaluierung beauftragt werdne, liefern wir auf Wunsch Tipps zur Behebung der Mängel, sogenannte "Best Practices" als typische Lösungen für die Barrieren. Mit dem Prüfbericht können Sie Ihre Agentur beauftagen, die gefundenen Barrieren zu beheben, oder im Fall eines weitgehend positiven Berichts, können wir das Ergebnis zur Erstellung der Barrierefreiheitserklärung heranziehen. 

Aus dem (positiven) Bericht der Accessibility-Evaluierung muss nun – sofern nicht behebbare Barrieren vorhanden sind – anhand der "nicht erfüllten" oder "teilweise erfüllten" Prüfschritte die Aufstellung der nicht barrierefreien Inhalte für die Barrierefreiheitserklärung erstellt werden. Dafür reicht es nicht, die Punkte aufzulisten. Es müssen Gründe genannt werden, warum diese Inhalte (noch) nicht barrierefrei zugänglich sind:

  • Unvereinbarkeit mit (nationalen) Rechtsvorschriften 
  • Unverhältnismäßige Belastung als vorübergehende Ausnahme
  • Nicht in den Anwendungsbereich der anwendbaren Rechtsvorschriften fallende Inhalte

Gibt es dafür nichts Fertiges? 

Wie man an obigen Ausführungen sieht, kann es das logischerweise nicht geben ;-). Aber es gibt einen EU-Beschluss zur Festlegung einer Mustererklärung, in dem die Gliederung festgelegt ist: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32018D1523&from=DE

Das reduziert natürlich den Kern der eigentlichen Arbeit nicht: Die Evaluierung und anschließende Behebung der Barrieren sowie die Festlegung etwaiger nicht behebbaren Barrieren. 

Wo auf der Website muss die Erklärung zur Barrierefreiheit stehen?

Dazu gibt der Beschluss zur Mustererklärung direkt Aufschluss: "Die Erklärung zur Barrierefreiheit sollte für den Benutzer leicht zu finden sein. Ein Link zu der Erklärung zur Barrierefreiheit sollte an hervorgehobener Stelle auf der Startseite der Website angezeigt werden oder auf jeder Webseite vorhanden sein, z. B. in einer statischen Kopf- oder Fußzeile." 

Muss eine Evaluierung von der Web-Agentur gemacht werden, die auch die Website erstellt hat?

Nein, das ist oft sogar problematisch. Accessibility ist eine Fachkenntnis, die in den meisten Agenturen nicht oder nicht tiefergehend vorhanden ist. Je nachdem, ob in der Web-Agentur Expertenwissen für barrierefreies Webdesign vorhanden ist oder nicht, ist es ggf. ratsam, externe Beratungsdienstleister heranzuziehen, die eine nachweisbare Expertise in diesem Bereich aufweisen. Die Behebung kann im Rahmen eines Coachings erfolgen, zum Beispiel mit einem detaillierten Maßnahmenkatalog und direkter Kommunikation zwischen Entwickler und Berater/Prüfer. Nicht erforderlich, aber von Vorteil kann es sein, wenn der externe Berater technische Kenntnisse im eingesetzten CMS hat - zum Beispiel TYPO3 CMS oder Wordpress. Damit können im Maßnahmenkatalog zur Behebung zielgerichtetere Tipps für die Umsetzung gegeben werden. 

Was kostet so eine Barrierefrei-Evaluierung?

Das ist pauschal nicht zu beantworten und hängt vom Umfang und der Komplexität der zu prüfenden Website sowie von deren Qualität in der Umsetzung ab. Eine 5-seitige Landingpage verursacht einen anderen Aufwand als die Website eines Ministeriums mit hunderten oder sogar tausenden Seiten. 

Richtwert: Mindestens € 1.000,- bis € 2.000,- netto müssten Sie für einen seriösen Bericht und Maßnahmenkatalog auf jeden Fall veranschlagen. Grobe Qualitätseinschätzungen und partielle Tests sind darunter möglich.

Wenden Sie sich gerne an Ing. Jürgen Bartl für ein individuelles Angebot: bartl@pixel-melange.com

Links

Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32016L2102

RIS - Webzugänglichkeitsgesetz: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20010727